Die Mathematik-Servicevorlesungen im Basisjahr stehen vor Herausforderungen wie großen Studierendenzahlen und heterogener Vorbildung. Um diesen zu begegnen, wird seit 2021 der Moodle-Fragetyp STACK eingesetzt. STACK ermöglicht kontinuierliches Üben mit automatisiertem Feedback, unterstützt den Lernprozess und ermöglicht automatisierte Prüfungskorrekturen. Dieser innovative Ansatz zeigt, wie E-Learning-Technologien an Hochschulen erfolgreich integriert werden können.
Die grossen Mathematik-Servicevorlesungen im Basisjahr stellen den Dozierenden einige Herausforderungen:
- Grosse Studierendenzahlen & Wachstum
- Heterogene Vorbildung
- Verfolgung des individuellen Lernprozesses
Zur Bewältigung dieser Herausforderungen setzen wir seit 2021 den Moodle-Fragetyp STACK ein. Dadurch bieten sich folgende Möglichkeiten:
- Kontinuierliches Üben mit automatisiertem, direktem, persönlichem Feedback
- Automatisierte Rückmeldung über Fortschritte
- Unterstützung und Begleitung der Studierenden im Lernprozesses
- Förderung der Selbständigkeit der Studierenden
- Automatisierte Prüfungskorrektur unter Beibehaltung der Aufgabenqualität
- Statistiken über den Lernerfolg, schwierige Konzepte, typische Fehler und die Qualität der Aufgaben, die zur weiteren Qualitätssteigerung verwendet werden können.
Dieses Projekt ist ausserdem ein Modell dafür, wie eine bereits bestehende E-Learning-Technologie an einer Hochschule eingeführt und verbreitet werden kann.
Unsere Aktivitäten mit STACK
STACK hat in fast allen Bereichen unserer grossen Ingenieursvorlesungen zu Analysis I & II Einzug gefunden. Wir beschränken uns in dieser ersten Beschreibung unserer Aktivitäten auf die groben Rahmenbedingungen und führen Details in den nachfolgenden Abschnitten dieses Dokuments weiter aus.
- Integral-Trainer: Integrieren ist ein schwieriges Thema für unsere Studierenden, weil einerseits die gymnasialen Vorkenntnisse sehr unterschiedlich sind und andererseits eine gute Beherrschung dieses Themas sehr viel Übung benötigt, aber wir haben in den Vorlesungen und Übungen nur wenig Zeit dafür. Unser grösstes STACK-Projekt ist deshalb der Integral-Trainer, ein eigenständiger Moodle-Kurs, in welchem Studierende selbständig das Integrieren üben können. Die über 150 Integral-Aufgaben in den verschiedenen Quizzes sind alle mit optionalen Lösungshinweisen und vollständigen Musterlösungen ausgestattet und können vorlesungsbegleitend gelöst werden. Der Integral-Trainer konnte dank des Innovedumprojekts STACK question database for engineering analysis courses realisiert werden.
- Prüfungen: Erste Pilotprojekte in Form von einer Zwischenprüfung und einer Basisprüfung am Computer mit STACK haben erfolgreich stattgefunden. Die ersten Resultate sind vielversprechend: Der Korrekturaufwand konnte stark verringert werden, während die Aufgabenqualität gewohnt hoch geblieben ist. Weitere Prüfungen in diesem Format sind bereits in Planung.
- Wöchentliche Übungen & Notenboni: Wir haben zuvor klassisch auf Papier gelöste Aufgaben zu STACK übersetzt, wodurch Studierende sie nun zeitlich unabhängig lösen können und dabei direkt hilfreiches Feedback erhalten. Diese automatischen Aufgaben finden sich sowohl in den üblichen Übungsserien, als auch in wöchentlich wiederkehrenden Lernelementen für Notenboni wieder.
- Aufgabensammlungen: Im Rahmen des Innovedumprojekts ist ausserdem eine umfangreiche STACK-Aufgabensammlung für Ingenieursanalysis mit mittlerweile über 250 STACK-Aufgaben entstanden1, welche den erwähnten Übungsbetrieb ermöglichen. Diese Aufgabensammlung haben wir mit Peers an der ETH und international über die ABACUS material bank for STEM geteilt. Weitere Aufgabensammlungen sind in Vorbereitung, insbesondere für Lineare Algebra.
- Flipped Classroom: In unserem Flipped-Classroom-Kapitel über komplexe Zahlen hat STACK einen Mehrwert geschaffen und die Vielfältigkeit der gestellten Aufgaben gesteigert.
- Community-Arbeit: In Zusammenarbeit mit dem LET haben wir den Professional Exchange for STACK Users innerhalb der ETH gegründet und richten Workshops für interessierte Dozierende und Assistierende des D-MATH sowie weiterer Departemente (D-INFK, D-ITET, D-MAVT) aus. Per Herbstsemester 2023 zählt die ETH mehrere Dutzend STACK-User.
STACK: Ein Mathematik-Assessment-System
Aus der Didaktikforschung ist längst bekannt, dass selbständiges Üben durch formatives Assessment und detailliertes Feedback ein wichtiger Faktor für Lernerfolg ist. In der Mathematik an der ETH werden diese Punkte klassischerweise mit wöchentlichen, schriftlichen Übungsserien und einer manuellen Korrektur abgedeckt. Neben dem hohen Zeit- und damit hohen Kostenaufwand hat die manuelle Korrektur aber einen weiteren entscheidenden Nachteil, den wir mit diesem Projekt beheben wollen: Studierende erhalten meist erst spät Feedback zu ihren Lösungen. Weil die Vorlesung bis dahin längst neuen Stoff behandelt hat, setzen sich Studierende oft gar nicht mit dem Feedback einer manuellen Korrektur auseinander und verpassen so die Chance, daraus etwas zu lernen. Neben der Automatisierung ist die Möglichkeit für sofortiges und hilfreiches Feedback einer der Hauptgründe, weshalb wir STACK einsetzen.
Die innovativen Elemente des Kurses
Integral-Trainer als vorlesungsbegleitendes Selbstlerntool: Der bereits beschriebene Integral-Trainer bietet einen innovativen Umgang für die unterschiedlichen Vorkenntnisse der Studierenden. In einem universitären Umfeld wird der Stoff, mit dem sich die Studierenden gerade auseinandersetzen, hauptsächlich durch die Vorlesungen und Übungen bestimmt. Diese Einheitslösung funktioniert für viele Themen gut, hat aber auch erhebliche Schwachstellen, da sie nicht auf unterschiedliche Wissenshintergründe und individuelle Lerngeschwindigkeiten eingeht.
Unmittelbares, automatisches Feedback mit qualitativ hochwertigen Aufgaben: Diese Kombination von Unmittelbarkeit, Automatisierung und Qualität, die STACK bietet, ist im formativen Assessment der Mathematik neu. Die Unmittelbarkeit wird insbesondere von den Studierenden geschätzt, die dank dem direkt verfügbaren Feedback wissen, wo sie stehen, und dadurch gezielter weiterlernen können. Aus Dozierendensicht ist ausserdem die Automatisierung ein Gewinn, weil eine Skalierung für mehr Studierende keinen zusätzlichen Aufwand bedeutet.
Wiederholtes Üben durch passende Randomisierung: In den wöchentlichen Übungen und beim Notenbonus setzen wir stark auf die Randomisierungsfeatures von STACK. Dadurch können Studierende die gleiche Rechnung ohne grossen Aufwand mit neuen Zahlen erneut üben und so die Mechanismen verinnerlichen.
Unterstützung durch optionale Hinweise: Beim Design des Integral-Trainers war es uns wichtig, die Selbständigkeit der Studierenden bestmöglich zu unterstützen. Nur wenn Studierende ohne externe Hilfe üben können, bietet sich durch so einen Trainer ein echter Gewinn. Zu diesem Zweck haben wir alle Aufgaben des Integral-Trainers mit optionalen Hinweisen versehen. Studierende, denen die passende Idee zur Lösung einer Aufgabe fehlt, können auf den Hinweis-Knopf klicken und erhalten so einen hilfreichen Tipp.
Graphische, interaktive Aufgaben: STACK bietet die Möglichkeit, über JSXgraph oder GeoGebra graphische Elemente einzubinden und beispielsweise den Graph der definierten Funktion oder ein Vektorfeld zu zeichnen. Diese Einbindung dient aber nicht nur der Darstellung, sondern kann auch interaktiv und damit als Aufgabetyp genutzt werden: Die gezeichneten Objekte können als beweglich definiert werden und deren Koordinaten sind bei der Auswertung mit STACK verfügbar.